tl:dr; In diesem Artikel beschreibe ich, wie ich meine 0815 LesPaul Gitarre modifiziert habe. Den größten Anteil des Textes widme ich einem selbstgebauten Pickup und seinem Zweck.
Hintergrund
Die Stoner/Doom-Band (http://voldband.bandcamp.com/) in der ich spiele besteht aus einem Schlagzeuger und mir an der Gitarre. Ich spiele eigentlich Bass, will aber versuchen das Gitarre-Bass-Spektrum zu kompensieren ohne zwei Instrumente gleichzeitig zu spielen. Mit einer Gitarre ist das meiner Meinung nach leichter zu erreichen als mit einem Bass.
Die Stimmung
Der erste Schritt ist eine andere Stimmung zu wählen. Dabei will ich nicht nur tiefer kommen, sondern auch bequemer spielen können und bestimmte Techniken zur Verfügung haben.
Ich habe keine Ahnung von Gitarre und möchte sie eigentlich genau so spielen können wie ich auch Bass spiele, plus Barret-Griffe.
Zwischen der tiefen E-Saite auf der Gitarre und dem tiefen E auf dem Bass liegt noch das A vom Bass. Das schwingt bei 55Hz, ist also schon ziemlich tief. Das ist jetzt auch die tiefste Saite auf meiner Gitarre, gefolgt vom gewohnten tiefen E der Gitarre.
Die Komplette Stimmung ist vorerst: A E A E A A.
Die beiden hohen A-Saiten hatten einen kräftigen Chorus-Effekt, je nachdem wie unsauber man sie zueinander gestimmt hat. Hat mir gut gefallen, aber in letzter Zeit hat sich noch die große Terz reingeschlichen.
Momentag bin ich bei dieser Stimmung: A E A E C# A.
Die Saiten
Die typische E-Saite von der Gitarre ist zu dünn um auf A herunter gestimmt zu werden. Sie hat dann sehr wenig Spannung, klingt sehr weich und verstimmt sich schneller. Deshalb rutschen die Saiten +1 nach oben, wobei die .11er, also die Dünnste wegfällt. Dafür kommt eine neue tiefe A-Saite hinzu. Ich probiere zuerst eine in .80er Dicke, die so auch auf E-Bässen als A-Saite verwendet wird. Aber die hat dann ob ihrer Dicke doch eine sehr hohe Spannung gegenüber den anderen Saiten. Sie klingt hart und ist ausserdem schwer zu spielen, weil durch den viel größeren Durchmesser gegenüber der darauffolgenden E-Saite, diese bei einem Barret-Griff viel schwerer richtig runterzudrücken geht. Das ist anstrengend, was ich nicht will. Eine .72er-Saite lässt sich angenehm spielen und fühlt sich wie eine gute Ergänzung des Saiten-Satzes an.
Um das Gitarre-Bass-Spektrum abzubilden spiele ich vereinfacht ausgedrückt mit einem Gitarren- und einem Bassverstärker parallel. Beide bekommen das gleiche Gitarren-Signal, haben aber verschiedene Effekte und Lautsprecher und klingen dementsprechend unterschiedlich. Nur soviel dazu an dieser Stelle. Die Effekte und Verstärkung werden im kommenden Artikel dokumentiert.
Der Pickup
Ich möchte wissen wie es wäre, einen weiteren Tonabnehmer zu haben der ausschliesslich die beiden tiefsten Saiten abnimmt. Aus der Gitarre hängen dann zwei Kabel mit unterschiedlichen Signalen. Aus dem einen Kabel kommt das Gitarren-Signal der beiden Humbucker-Tonabnehmer die alle Saiten abnehmen. Das andere Kabel transportiert das Bass-Signal des neuen Tonabnehmers, der nur die beiden tiefsten Saiten abnimmt. Und beide Signale werden seperat verstärkt. Den Tonabnehmer habe ich mir gebastelt, weil ich sowas nirgends finden konnte. Da ich ahnungslos war und bin, hat es ein bisschen gedauert, aber es hat am Ende geklappt.
Aufbau
Ich habe so einen Bass-Tonabnehmer rumliegen gehabt, bei dem immer zwei Spulenkerne nebeneinander auf eine Saite kommen. Warum das so ist weiss ich nicht, aber ich habe das Prinzip übernommen. Zuerst habe ich besagten Bass-Pickup zerlegt. Hülle ab, Kabel raus, Wicklung durchgeknipst und zu guter Letzt die flachen Magnete die von unten an die Spulenkerne geklebt waren abgefriemelt.
Die Spulenkerne habe ich im Zweierpack in ihrem Plastikmantel belassen und zwei davon untereinander wie im Bild zu sehen mit Sekundenkleber auf einen der Magneten geklebt. Oben habe ich ein dünnes Mahagoni-Hölzchen eingepasst, das die Spule nach oben hin begrenzen soll.
Wickelhilfe
Als nächstes könnte die Spule gewickelt werden, doch ich musste mich erstmal darüber schlau machen. Als ich wusste was für Draht welcher Dicke ich verwenden kann und wieviele Umwicklungen ich machen müsste (ca 7000), habe ich eine Weile nach dem passenden Draht suchen müssen.
Parallel fing ich an mir zu überlegen, wie ich 7000 Umwicklungen mache. Von Hand kam nicht in Frage, schon allein das Zählen wäre furchtbar.
Also baue ich mir ein Wickel-Gestell. Der bequeme Weg wäre womöglich ein Schrittmotor gewesen, aber ich wollte mit den Sachen die ich zuhause hatte so weit wie möglich kommen. Aus Holz, Winkel und ein bisschen Metallbaukasten-Teilen entstand ein Gestell.
Aus einer Kombination von diversen Kleinteilen entstand die Welle, an der ich den zu wickelnden Pickup befestigen konnte. Die Welle sollte zuerst über einen Riemen von einem kleinen Elektromotor angetrieben werden, dessen Geschwindigkeit ich mit einem kleinen Drehwiderstand regeln würde.
Um die Umdrehungen zu erfassen, würde ein kleiner Pinsel an der Welle befestigt, der mit jeder Umdrehung ein dünnes Kupferblech an ein anderes drückt und so einen Kontakt schliesst, den der Arduino zählen und auf einem kleinen Display ausgeben kann.
Doch besagter Pinsel sorgte für eine große Unwucht, der kleine Motor war überlastet und das Lager von der Welle zu wackelig. Die ganze Konstruktion vibrierte quer über den Tisch.
Unter diesen Umständen konnte ich nicht wickeln, denn der verwendete Kupferdraht ist so dünn wie ein Haar und reisst auch ebenso leicht.
Anstelle des Elektromotors spannte ich die Welle direkt in den Akkuschrauber ein.
Die Umdrehungen erfasste ich fortan mit einer Infrarot-Lichtschranke. Die Unwucht habe ich so in den Griff bekommen und es hat auch viel genauer gezählt.
Wicklung
Nach etwa 10 Anläufen, bei denen immer der Draht riss, hatte ich endlich 7000 Umwicklungen geschafft.
Der Pickup wurde auf ein zurecht geschnittenes Sockel-Plättchen geklebt, auf das auch das Kabel aufgelötet und dort mit den beiden Enden des Kupferdrahtes verbunden wurde. Dann habe ich die empfindlichen Stellen um den Kupferdraht in Heisskleber konserviert, das ganze nochmal mit Iso-Klebeband umwickelt und fertig war der Pickup.
Einbau
Der Pickup passte genau zwischen die beiden Humbucker. Um das passende Loch mit einer Oberfräse in die Gitarre zu bekommen war zunächst eine Loch-Schablone nötig, an dem sich die Fräse führen lässt. Mit ein bisschen Nacharbeiten per Stemmeisen passte der Tonabnehmer schliesslich, ein bereits vorhandener Kabelkanal konnte mitbenutzt werden. Das Signal wird ohne Umwege direkt zur Klinkenbuchse geführt.
Klang
Dadurch dass der Pickup einen größeren Bereich der Saite als üblich abnimmt, ergibt sich ein Mittel der Schwingungsamplituden der Saite über diesen Bereich. Das führt zu einem ausgeglichenen, klaren und dynamischen Ton, der eine minimal leisere Gesamtlautstärke und ein minimal lauteres Rauschen als die bereits verbauten Humbucker aufweist.
Ich habe einen Widerstand von 3,8 kOhm gemessen und dachte erst, nach dem was ich so gelesen habe wäre das sehr wenig und das Signal würde sehr leise sein. Aber das ist garnicht der Fall, vermutlich ist der Widerstand nur einer von vielen Faktoren.
Die E-Saite nimmt der Pickup in der Position auch noch ab, allerdings leiser als die A-Saite. Alle übrigen Saiten sind nicht zu hören.
Der Klang insgesamt wird durch die Trennung mit zwei Tonabnehmern differenzierter und flexibler. Es ist als hätte ich zwei Instrumente in einem - ich bin mit dem Ergebnis zufrieden.